Warum kümmerst du dich um sowas?

Es fällt mir einfach schwer, zu manchem die Klappe zu halten. Von sprachlichen Schnitzern bis hin zu politischen Debatten. Also sammle ich, was mir so auffällt -- und eine Bemerkung verdient...

Samstag, 13. November 2010

Vierte Sitzung der S21-Schlichtungsverhandlungen

Heiner Geissler hat die Gesprächsrunde um den Konflikt S21 angestoßen, damit -- unter anderem -- die Öffentlichkeit voll an der Debatte teilnehmen kann und sich ein Bild von Rede und Gegenrede macht. Natürlich kann der Berufstätige das nicht in voller Länge tun. Darum faßt die Tagesschau die wichtigsten Punkte zusammen. Was aber waren die wichtigsten Punkte dieser Sitzung? Die S21-Befürworter standen da wie die Deppen, als klar wurde, daß der unterirdische Bahnhof gar nicht gebraucht wird. Und sie flüchteten sich in Argumente, da könne man nun auch nicht mehr raus, weil man die Planfeststellungsverfahren nicht von vorn aufrollen könne.

Die Gegner der bestehenden Pläne sind die Befürworter einer behutsamen Neuordnung. Daß sie die Umbaupläne stufenweise durchführen wollen, wurde ihnen von der Pro-Seite gleich negativ ausgelegt. Das dauere zu lange etc.
Man drehte Boris Palmer das Wort im Munde herum und machte die Stärke -- nämlich den Bahnhof auch während der Umbauten nutzen zu können -- zur Schwäche. Es hieß dann, es gäbe kein klares Konzept seitens K21. Falsch! Es gibt verschiedene Optionen. Das wurde dann als Konzeptlosigkeit ausgelegt. Man hatte den deutlichen Eindruck von Scheinargumenten.

Viele Argumente der S21-Befürworter kommen mir vor wie "wir haben das jetzt soweit durchgezogen, wir können nicht mehr zurück" -- obwohl es ein Zurück sehr wohl gäbe. Auch bei den K21-Plänen gibt es eine Menge zu bauen. Da könnten doch Verträge umgewandelt statt aufgekündigt werden. Und es wird sich um ein Drittel der Planungssumme handeln.

Erst nach der Mittagspause hatten sich Kefer & Co soweit gefaßt, daß sie an eine Entgegnung denken konnten.
Das kam in der Tagesschau in keinster Weise rüber.
Dabei war doch sicher ein Reporter der ARD im Saal, denke ich.
Ich erwarte von diesem doch neutralen Medium, daß es seine Neutralität nicht dahingehend erfüllen zu müssen meint, daß es eine Art 50-50-Situation darstellt. So war es nicht!! Die S21-Befürworter sind argumentativ auf voller Linie gescheitert, die K21-Vorschläge haben Hand und Fuß. Und das hätte auch ohne jede Parteilichkeit rüberkommen müssen.

Was stimmt hier nicht? Oder: Vom Opfer zum Ofenfilet

"Naß und durchgefroren, bargen die Helfer die Vermißten aus dem Wrack."
Oder, um es noch etwas deutlicher zu machen:
"Auf beiden Seiten goldbraun gebraten, schieben wir die Filets noch für 5 Minuten in den Ofen.

Hier muß ich mal ganz schulmäßig nachfragen: Wer ist der Handelnde dieser Sätze?
Ganz klar. Die Helfer sind naß und durchgefroren.
Schlimmer noch: Der Koch ist auf beiden Seiten goldbraun gebraten.

Haben Sie es bemerkt? Der Sprecher hat flugs im selben Satz das Subjekt gewechselt. Er könnte beim Passiv bleiben: "Naß und durchgefroren wurden die Vermißten aus dem Wrack geborgen."
Und: "Auf beiden Seiten goldbraun gebraten, werden die Filets noch für 5 Minuten in den Ofen geschoben."
Oder ist es zu schwierig, im Auge zu behalten, wer in einem Satz das handelnde Subjekt ist?
Mir scheint, daß das auch politisch gilt. Wer das handelnde Subjekt ist, hat dieser, nämlich der Bürger, längst aus den Augen verloren.
Es geschieht den Bürgern recht, wenn sie als infolgedessen das Passiv durchhalten müssen, ob nun in der Frage der Gesundheitsreform oder der Atomkraft.

Nun also werdet ihr, naß und durchgefroren, auf beiden Seiten goldbraun gebraten.

P.S. Die Beispielsätze sind frei erfunden und haben keinen aktuellen Bezug; jedoch hört man solche Konstruktionen immer wieder.

Mittwoch, 10. November 2010

Wie?

"Nach der Explosion sah es auf der Straße aus wie auf einem Trümmerfeld."
Hallo? Sie war ein Trümmerfeld!
Immer mehr schleicht sich ein, daß Dinge und Zustände nicht als das benannt werden, was sie sind, sondern sie werden nur verglichen.

"Du bist mir wie ein Freund." -- "Moment mal, ich bin dein Freund!" Vielleicht würden die Schreiber solcher Texte es dann merken.

Begonnen hat das mit der Formulierung "wie durch ein Wunder".
Dies ist eine klare Absage an die Möglichkeit, es könne Wunder geben. Und selbst wenn wir Wunder etwas großzügiger definieren, als Ereignisse, die nicht sofort oder noch nicht wissenschaftlich erklärbar sind, wird das die Skeptiker nicht überzeugen. Oder wir erklären sie als Ereignisse, die aus einem höchst unwahrscheinlichen Zusammentreffen von Faktoren entstehen.
Was ist ein Wunder? Ein offensichtlicher Verstoß gegen Naturgesetze? Wer sie so definiert, kann lange auf Wunder warten. Er oder sie wird ein Leben mit deutlich weniger erhebenden Erfahrungen leben und wird sich weiterhin an dieses wie klammern.

Dienstag, 9. November 2010

Fun(d)stücke

"Die Regierung hat daraufhin gearbeitet..."
-- Moment, das sollte heißen: "darauf hingearbeitet"!
So wurde sie entlarvt: eine gelegentlich und unwillig, nur auf Anstoß tätige Regierung.

"Beim Streit zweier Schüler sollte ein Lehrer nicht dazwischen gehen."
Klar, niemand verpaßt gern das Ende eines spannenden Streits.

"Dresden wurde dem Erdboden gleich gemacht."
Aha. Von Anfang an Flachbauweise.

Rauchen im Kindesalter

"Ich rauche, seit ich dreizehn Jahre alt bin."
Bitte? Nehmt dem Knirps bloß die Kippen weg.
"Ach, Sie sind schon dreißig? Ja, dann dürfen Sie. Aber warum haben Sie behauptet, Sie seien erst dreizehn?"

Ja, da ist wohl ein Perfekt unter den Tisch gefallen. Denn die Imperfektform "war" geht ja vielen Menschen überhaupt nicht über die Lippen. Diese Form scheint als literarisch und damit reaktionär verschrien zu sein.

Ich kann lesen, seit ich 4 gewesen bin. Aber ich bin nicht vier geblieben. Ich bin sogar schon 61 Jahre alt.

Sowas habe ich früher nicht gehört gehabt.

Bingo! Da ist also das vermißte Perfekt abgeblieben!

Welch Fehler

Ja, damit geht es schon gleich los. Welch Desaster, welch Übermut.
Fragen Sie auch: "Welch Sandwich möchtest du essen?" Nein, es heißt welches. Nun kann man welches/e/n/m/r abkürzen zu welch, wenn danach ein weiteres Wort vor dem eigentlichen Hauptwort folgt. Welch kühner Streich, welch holde Maid, welch liebliches Land. Warum man das so machte, als vergleichbare Redensarten noch nicht hoffnungslos altmodisch waren? Es war sprachlich eleganter, nicht zwei gleiche Endungen aufeinanderfolgen zu lassen. Auch bei "welch ein" tritt das "ein" an die Stelle der Endung. Ohne ein Adjektiv -- oder wenigstens das unbestimmte Pronomen -- ist das "welch'" nackt und bloß. Welch schockierender Anblick.

Donnerstag, 4. November 2010

Die neueste Berlusconade

"Io non sono un santo", sagt er, "ich bin kein Heiliger."
Einen solchen will man ja auch nicht als Ministerpräsidenten. Er hält sich an Volljährige, er bezahlt seine Huren korrekt mit Schmuck, was also wollt ihr?

Nein, ich mag ihn nicht. Ich mag vor allem seine totalitären Tendenzen überhaupt nicht.
Aber seine Gegner tun sich damit keinen Gefallen, daß sie ihn von der persönlichen Seite her angreifen. Ebensowenig, wenn sie Miniaturen nach ihm schmeißen. Sie diskreditieren damit ihre politische Kritik und konsolidieren seine Position mehr, als daß sie sie ins Wackeln bringen.