Warum kümmerst du dich um sowas?

Es fällt mir einfach schwer, zu manchem die Klappe zu halten. Von sprachlichen Schnitzern bis hin zu politischen Debatten. Also sammle ich, was mir so auffällt -- und eine Bemerkung verdient...

Freitag, 31. Dezember 2010

ß

Das ß ist kein Buchstabe, sondern eine Ligatur, nämlich die Verbindung von langem S und rundem Schluß-S. Daher ist dieses Zeichen nur sinnvoll in einer gemischten Schreibung von Groß- und Kleinbuchstaben. Es hatte die Aufgabe, den Schluß eines ganzen Wortes oder eines Teilwortes zu signalisieren, wie z.B. Flußbiegung. Damit trug er vor allem noch in der Verwendung von Fraktur zu besserer Lesbarkeit bei.
In der italienischen Renaissance wurde es verwendet, weil es als schöner galt, wenn man "maßimo" oder "serenißima" schrieb. Das wurde damals wirklich getan! Mit dem Verschwinden des langen S wurde diese Ligatur überflüssig und ist mit unzähligen anderen nach und nach aus den Setzkästen geflogen.
Es ist die unerklärliche Erfindung der Rechtschreib-Komission, das ß zum Signalgeber für lange Vokale zu erklären. Das gab es schon, aber es war ein nicht in ganz Deutschland so angewendetes Einzelphänomen. Es gilt auch nicht für Versalreihen, denn da schrieb man immer schon: "SCHNEIDEREI FÜR GROSSE MASSE", auch wenn das mißverständlich ist. Bis zur Reform war es selbstverständlich, daß man einen Vokal vor einem Doppel-S durchaus auch lang sprechen kann und einen Vokal vor einem ß auch kurz: das Roß, der Stoss. Es war bekannt, daß es eine andere Funktion hatte, die mit Phonetik nichts zu tun hat.
Inzwischen ist diese falsche Weichenstellung bis zu dem Punkt gediehen, daß man "genißt" geschrieben sehen kann: Wenn das ß einen langen Vokal anzeigt, kann man ja ruhig das Dehnungs-e weglassen...
Die Schweiz hat das ß konsequenterweise getilgt und besitzt immer noch eine Schriftsprache, die Kultur ist nicht zusammengebrochen. Es ist zwar ein schönes Zeichen, das der Schriftgestalter Zapf in der Palatino so gezeichnet hat, daß man seine Herkunft immer noch sehen kann. Wegen des Schindluders, das in den letzten 13 Jahren mit dem ß getrieben wird, und wegen der Kluft, die es zwischen dem Deutschen und anderen Sprachen errichtet, plädiere ich jedoch dafür, es wie in der Schweiz stillzulegen.

Daß man die Umlaute in die Domain-Zeichenparade aufgenommen hat, erklärt sich auch aus der Tatsache, daß es einige andere Sprachen gibt, die ebenfalls Umlaute verwenden, ich nenne nur Finnisch, Estnisch und Türkisch. Gerade beim Türkischen ist die Transkription in ue, ae, oe keine Option, und es könnte auch andere Sprachen geben, in denen das zu Komplikationen führt, es handelt sich also nicht um eine Extrawurst für Deutschland, was aber die Pflege des ß schon wäre, denn außer 2 von 3 deutschsprachigen Ländern verwendet es kein Land mehr. Es ist auch international kein scharfes S, denn in fast allen Sprachen außerhalb des deutschen Sprachraums ist das S ein scharfes S; das weiche S wird durch Z ausgedrückt.

Umlaute, die zu großen Ligaturen verschmolzen wurden, wie AE im Dänischen, bilden keinen Fremdkörper im Zeichensatz, weil sie aus Großbuchstaben entstanden sind.

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Ramsauers Kriegszug gegen die Anglizismen

Die Laptops sollen besser "Klapprechner" genannt werden, schlägt er vor.
Ich frage mich, wie es wäre, ihn nicht mehr als Minister, sondern eingedeutscht als "Diener Ramsauer" anzusprechen.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Julian Assange ist mein Held

Um seine Sicherheit muß man sich Sorgen machen. Es wäre nicht das erste Mal, daß sich Amerika seines vermeintlichen Feindes auf die gleiche Art entledigt, wie es auch im stalinistischen Rußland gemacht wurde. Man denke nur an den ungeklärten Tod des Orgon-Forschers Wilhelm Reich.
Im Unterschied zu diesem jedoch stirbt Wikileaks nicht mit dem Gründer, sollte ihm etwas passieren. Denn wenn ihm etwas passiert, gehen noch größere Infobomben hoch.
Die USA-Armeeführung suchte einst nach einer Möglichkeit, Dokumente durch Rotation vor der Vernichtung zu schützen, anstatt sie an einem physikalischen Ort zu bunkern, und das Internet wurde erfunden.
Jetzt erweist sich die Genialität dieser Idee.

Montag, 6. Dezember 2010

Deutsch im freien Fall

Neue Version von Twitter. Dem ich bislang gefolgt habe und das ich vielleicht nicht mehr folgen werde.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Update zur Aga-Kröte

Vor Monaten schrieb ich über falsche Relativsätze.
Kürzlich hörte ich gleich zwei davon innerhalb einer Sendung des ZDF, das eigentlich immer besonders daran interessiert ist, gutes Deutsch zu senden. Der Sprecher einer Talk-Show verwendete die Aga-Kröte gleich zweimal innerhalb weniger Minuten.
Ich schrieb an das ZDF und bekam eine ausführliche Antwort, das ZDF kümmere sich durchaus um gutes Deutsch, allerdings könne man nicht den gleichen Anspruch an alle Texte stellen, sofern die vielleicht unter Zeitdruck entstanden sind.
Ich schrieb zurück, es wäre dumm, sich an Flüchtigkeitsfehlern hochzuziehen; mich interessierten vielmehr Dinge, die systematisch einreißen: um den Verfall der Sprachlogik.
Das Problem ist also noch nicht verstanden worden; vielleicht ist es mir jetzt gelungen, es rüberzubringen.
Hm. Bin ich kleinlich?

Ich vergleiche es mal mit trigonometrischen Messungen im Gelände. Wenn sich jemand beim Messen eines Winkels um Bruchteile von Graden vertut, hat er hinterher eine Differenz von mehreren Metern bei der Entfernung der Punkte. So wenigstens habe ich es in Mathe gelernt.
Wenn sprachliche Weichenstellungen nicht korrigiert werden, ist die Sprache insgesamt einem Verlust an Logik ausgesetzt. Das ist es, was mir Unbehagen verursacht. Denn die Sprache ist unser Transportmittel für Authentizität, sie muß Trennschärfe und Nuancen behalten. Wir brauchen das in der zwischenmenschlichen Kommunikation ebenso wie in politischen Zusammenhängen. Es ist wichtig, daß die Menschen falsche Töne heraushören können. Daß sie entdecken, wo sie belogen werden, kurz gesagt. Dafür brauchen wir eine präzise Sprache.