Warum kümmerst du dich um sowas?

Es fällt mir einfach schwer, zu manchem die Klappe zu halten. Von sprachlichen Schnitzern bis hin zu politischen Debatten. Also sammle ich, was mir so auffällt -- und eine Bemerkung verdient...

Freitag, 21. Juli 2017

Modediagnose??

Ein Kommentar zu einem Artikel der TAZ
Autismus ist also eine Mode-Diagnose, um Kindern Erleichterungen zu verschaffen. Würden Sie auch sagen, Migräne sei eine Modediagnose, um Leuten Schmerzmittel zu verschaffen? Autisten sieht man ihr Leiden nicht so an (Migränepatienten auch nicht immer). Ihr Leiden besteht zu einem großen Teil darin, dass die neurotypischen Menschen es nicht erkennen und sie mit allen anderen über einen Kamm scheren, ohne zu verstehen, was sie brauchen. Sie sehen nur die Wutanfälle, die vorkommen können, nicht aber, was zu ihnen geführt hat. Wenn man nämlich an ihnen herumzerrt wie die Hyänen an der toten Antilope, dann sind sie heillos überfordert und können nicht anders reagieren.
Die Autismus-Diagnose ist wegen der Verschiedenartigkeit der Bilder sehr schwierig und permanent in der Enwicklung. Was heute als Ausschlusskriterium gilt, könnte morgen in die Diagnose eingeschlossen werden. Das bedeutet: Nur weil ein Kind Augenkontakt erträgt, heißt das noch nicht, dass es kein Autist ist. Sondern als eine Betroffene, die mit 68 im Diagnoseprozess ist, sage ich: Autismus ist eine ganz andere Art der Wahrnehmung und der Kommunikation, der mimischen Signale, der sozialen Herangehensweise, dass große Anpassungsprobleme an die sozialen Gebräuche und Ausdrucksweisen der neurotypischen Menschen vorprogrammiert sind. Und nein, die gesellschaftlichen Umstände sind nicht der Grund -- und das hören Menschen mit einem sozialistischen Weltbild meistens nicht gern -- sondern es ist eine Veranlagung oder eine sehr frühkindliche Ausformung, die direkt einige Gehirnfunktionen verändert. Nichtsdestoweniger bleibt diese Grundlage, was immer "therapeutisch" angestellt wird. Dennoch sind Autisten die besten Lehrer ihrer selbst und zeigen später erstaunliche Anpassungsleistungen. Nicht das Genie ist die Regel, sondern der von der Gesellschaft ausgestoßene Mensch, dessen Problem nicht verstanden wird. Der Mangel an Empathie, und das beweist auch dieser Artikel, liegt also eher auf der neurotypischen Seite.

Update. Inzwischen habe ich eine mündliche -- positive -- Diagnose für Autismus vom Typ Asperger.

Samstag, 15. Juli 2017

Babylonische Begriffsverwirrung

Hab ich gestern gerudert, um das Programm, mit dem ich seit geraumer Zeit arbeite, für das Hochladen der Website in den Griff zu bekommen. Warum soll das so schwer sein?
Nun, die Hersteller von Software aller Art bemühen sich redlich, die selben Dinge mit verschiedenen Begriffen auszudrücken. Ich muss mich also mit Passwort, password, keyword, Schlüssel, Kennwort und weiteren Begriffen herumschlagen; für einen weiteren Parameter gibt es wieder welche: User, Logonname, Benutzername, Identität und was weiß ich noch. Dann habe ich vom Anbieter einen "Pfad" bekommen, aber dieser Begriff taucht im Menu "Webserver einrichten" überhaupt nicht auf.
Die Zuordnung von Begriffen zu Felder in den Formularen ist eine unendliche Quelle von Ratlosigkeit und Irrtümern. Man kann gar nicht so viel Support in Anspruch nehmen wie man müsste, damit alles glatt geht. Und es ist ja die unheilige Kombination von Programm und Anbieter, die mich in die Hölle des unendlichen Probierens schickt.

Könnte das die Folge von Abmahn-Wahn sei, mit dem Anbieter versuchen, Begriffe schützen zu lassen? Oder ist es einfach nur eine Profilierungssucht?

Seit 99 Jahren bemüht sich DIN um freiwillige Standards, die helfen, Produkte und Verfahren vereinbar mit den Standards verschiedener Anbieter zu machen. Es wäre zu wünschen, dass ein solcher Prozess sich auch auf Bezeichnungen in Formularen für technische Anleitungen beziehen wird. Ich denke, ich werde das Thema verfolgen.

http://www.din.de/de

Mittwoch, 5. Juli 2017

Wer sind die Feinde der Spiritualität?

Man würde niemandem erlauben, sich als Atomphysiker auszugeben, der dieses Fach nicht jahrelang studiert und mit einem Abschluss gekrönt hat. Auf dem Gebiet der Spiritualität kann jeder Hans und Franz sich zum Tantriker oder Yoga-Experten erklären.
Im Buddhismus werden solche Inhalte, die sich mit Erleuchtung befassen, nicht auf dem Marktplatz breitgetreten, sondern nur von autorisierten Lehrern und Lehrerinnen gelehrt. Sie haben durch jahrelange Meditation und durch gründliches Studium der Sichtweise und durch persönliche Ermächtigung die Erlaubnis zur Weitergabe der höheren Praktiken.
Im Hindu-Yoga kann sich jeder selbst zum Guru erklären, der spirituelle Erlebnisse hatte. Entsprechend glauben auch die westlichen Yoga- und Tantra-Freunde, sie hätten die Qualifikation, um Kurse und Seminare abzuhalten.

Wer sind die wahren Feinde des Dharma?
Nicht die sind es, die eine Lehre mit Feuer und Schwert bekämpfen, denn Hinduismus und Buddhismus haben die Mogul-Herrscher überlebt. Der Hinduismus ist die beherrschende Religion Indiens geblieben.
Was dem Dharma aber viel mehr schadet, ist die Leichtfertigkeit, mit der kleine Hopsereien, Massage-Workshops und Yoga-Wochenenden schon gleich als Anlass genommen werden, mit Sanskrit-Begriffen um sich zu werfen, die das Ergebnis jahrtausendealter spiritueller Erfahrung sind. So werden sie banalisiert, und beim Hörer entsteht der Glaube, man könne sich diese Dinge einfach so aneignen, könne sie sich verbal übermitteln lassen, käme dadurch der Erleuchtung näher. Das ist, als würde man glauben, ein Sportstudium rein als Studium von Büchern über Sport absolvieren zu können. Vielfach fehlt auch der Glaube, vielfach liegt der Beschäftigung zwar ein Interesse am Wellness-Aspekt zugrunde, aber dieses geht einher mit einem tiefen Misstrauen gegenüber Religion, mit einer krassen Ablehnung der Gestalt des Guru, mit der irrigen Ansicht, man könne sich das alles selber beibringen. Aber zu diesem Ziel kommt man nur durch beharrliche Beschäftigung und Praxis mit Körper, Rede und Geist. Und man muss sich auf diesem Weg auf einen Guru stützen. Und ja, ich benutze diesen Begriff bewusst, denn er beschreibt einen Menschen, der sich gläubig und vertrauensvoll über lange Zeit diesem spirituellen Weg gewidmet hat, bis Ergebnisse eintrafen. Und so jemanden braucht man auf dem spirituellen Pfad.


Pfui, ein Guru!
Die wenigsten haben jemals einen Menschen getroffen, der diesen Weg bis zum Erfolg gegangen ist. Sie können sich das Charisma und die Wirkung eines solchen Menschen nicht vorstellen. Wie auch? Und wer nicht den Glauben hat und das Vertrauen, der kann selbst den Buddha nicht als erleuchtet erkennen, wenn er persönlich vor ihm steht. So ging es dem Koch des Buddha, der sich viele Jahre bei ihm aufhielt und ihn dennoch für einen ganz gewöhnlichen Menschen hielt; so erging es Heinrich Harrer in Tibet, der dem Dalai Lama ganz nah war und dennoch vom Dharma nichts verstand — wenigstens damals — und ihn sogar ein wenig verachtet hat. Seine Hochachtung für den Dalai Lama war somit halber Kram; ich weiß nicht, ob Herr Harrer jemals die Erfahrung nachgeholt hat, den Wert des Dharma zu erkennen. Denn ohne den Dharma hätte der Dalai Lama wohl kaum die charismatische Persönlichkeit entwickelt, für die er verehrt wird.
Viele Aussprüche werden kolportiert und dem Dalai Lama untergeschoben. Nur ein kleiner Teil davon ist authentisch. Und das ist die Gefahr. Nicht so sehr seine Feinde sind das Problem, sondern eher die gut gemeinten Verfälschungen, die von denen kommen, die keine spirituelle Praxis ausüben, sodass sie den Unterschied erkennen könnten.

Samstag, 1. Juli 2017

Das Wechselbalg ist da: Das große SZ

Ein Forumsbeitrag

Nun ist das Unglück ja passiert, Deutschland versucht, sich mit einem großen SZ zu schmücken. Wie man aber an der Schriftgeschichte ablesen kann, ist die Herkunft des ß kein s-z, wie das in der Fraktur und in der Deutschen Schrift (z.B. Sütterlin) der Fall ist. Sondern dieses Zeichen in der Antiqua leitet sich aus einer Verschmelzung zweier "s" ab, eines langen und eines runden, siehe Arrighi, Italien, 16.Jh. Es besteht also gar keine Notwendigkeit, ein Sonderzeichen für eine Versalreihe zu benutzen, das dazu den Typografen vor eine unlösbare Aufgabe stellt, da es ja seine Herkunft aus der Doppel-S-Ligatur niemals wird verleugnen können. Auch wird die Bedeutung des ß als Anzeiger eines langen Vokals weit übertrieben, denn in der Vergangenheit stand es lange Zeit auch hinter kurzen Vokalen -- oder hat jemand "Miiißverständnis", "Kuuuß" oder "Fluuuß" gesagt? Hingegen las man bei GROSS oder GRÜSSE problemlos ein Wort mit langem Vokal.
Die sogenannte Rechtschreibreform hat so viel Unheil angerichtet, dass jetzt erst klar wird: Eine glatte, saubere Lösung wie die schweizerische S-Schreibung, die auch Barrieren im internationalen Informationsfluß abbaut, ist wirklich wünschenswert für Deutschland.