Warum kümmerst du dich um sowas?

Es fällt mir einfach schwer, zu manchem die Klappe zu halten. Von sprachlichen Schnitzern bis hin zu politischen Debatten. Also sammle ich, was mir so auffällt -- und eine Bemerkung verdient...

Freitag, 19. Oktober 2018

Autoren rezensieren Autoren

Oh, dafür habe ich schon schön auf die Glocke bekommen. Dabei ist ein anderer Kollege ebenfalls der Meinung, dass man gerade mit kritischen Kommentaren den Kollegen hilft. Verreißt man sie so zum Spaß? Kaum. Undifferenzierte Verrisse erlebe ich eher von Schreibern, die reine Leser sind. Denn wenn sie Genre und Qualität verwechseln, wenn da Sätze kommen wie "Da mich dieses Thema überhaupt nicht interessiert, kann ich leider nur zwei Sterne geben", weiß man genau, dass diese Rezensenten (sind sie überhaupt eine lateinische Endung wert?) selber das Handwerk nicht betreiben. Und sie denken auch nicht darüber nach, dass sie den Schnitt dieser Bewertung gnadenlos in die Tiefe reißen, wenn sie ihre zwei Sterne gegen die zwei Fünf-Stern-Rezensionen setzen. Denn was vorher 5 war, ist schon gleich 12:3=4. Solche Bewertungen können über Kauf oder Nicht-Kauf entscheiden.
Seien wir doch froh, wenn Autoren zur Feder greifen! Sie wissen um die Schwierigkeiten, um die Mühe, die es kostet, ein Buch fertigzustellen. Sie erkennen die Ursachen eines Scheiterns und sind vielleicht so kollegial, der Kollegin einen Hinweis zu geben. Autoren können andere Autoren coachen, gegen Honorar oder auch ohne, ich kenne da wunderbare Beispiele. Sie können zeigen, dass es gerade nicht der Neid ist, der ihre Feder bewegt.

Samstag, 10. Februar 2018

Mit Pomp in der Typo-Szene gefeiert:

Das große ß

Ja, was sich anhört wie ein Karnevalscherz, ist Realität. Die Verwendung eines Großbuchstaben für das "scharfe S" ist offiziell.
Das halte ich sowohl sprachlich als auch ästhetisch als auch schriftgeschichtlich für eine Katastrophe. In einem typographischen Forum diskutierte ich mit Typografen über dieses meiner Ansicht nach monströse Objekt. Sie entgegneten mir, auch das W sei ja nicht im lateinischen Zeichensatz enthalten, sondern eine Verdoppelung des V. Der Vergleich hinkt jedoch, denn ich führte ins Feld, daß ein ß sich aus einem langen kleinen s und einem Schluß-s zusammensetzt, wie nebenstehendes Dokument aus der italienischen Renaissance einwandfrei belegt. Seltsamerweise wehrten sich die Teilnehmer an diesem Forum auch gegen so offensichtliche Belege und verwiesen nun wieder darauf, daß so alte Zeichen nicht mehr für uns verbindlich sein könnten.
Auf diesem Beispiel (links) sieht man die von dem geschichtsbewußten Typografen Zapf geschaffene Type Aldus. Sie heißt so nach dem venezianischen Verlag, der sich auf Typografen wie Bembo stützte. Das oben gezeigte Blatt ist typisch für die Schriftgestaltung dieser Zeit.
Es ist mir unbegreiflich, wie man sich gegen so schlagende Beweise sperren kann. Die einzige Erklärung ist: Ein neues Zeichen zu digitalisieren -- was ich früher selbst gemacht habe -- ist ist eine lukrative Arbeit. Und da die Zeichensätze für den digitalen Satz meistens von ITC, Adobe und anderen Schriftschmieden kommen, ist die Schaffung eines neuen, nur für den deutschen Sprachraum nutzbaren Zeichens eine verlockende und so schnell nicht endende Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.
Ein ß gehört nicht in eine Versalreihe. So war es immer. Es kann gar nicht so gestaltet werden, daß es nicht doch ein Fremdkörper wäre.

WEIßER ZAUBER stand über dem Weihnachtsmarkt in unserer Stadt. Weiberzauber?
GROßE KUNSTAUSSTELLUNG. Grobe Kunstausstellung? Ja, Kunst ist nicht immer etwas für Zimperliche.
FAßBRAUSE. Fab-Brause? Wie kann man von einem Ausländer, der das Deutsche nicht vollkommen beherrscht, erwarten, daß er damit zurechtkommt?
Und wie kam das zustande? Durch eine fehlerhafte Auslegung der Funktion des ß. Es enthielt noch immer die Regel des Schlußzeichens, auch wenn die Unterscheidung von Mittel-S und Schluß-S nicht mehr bekannt ist. Dennoch ist die Notwendigkeit dieses Zeichen immer noch tief in der Sprachstruktur verankert. In vielen Fällen können wir auf dieses Signal -- eines Wortendes -- nicht verzichten, ohne daß es krank aussieht.
Ganz ausführliche Schilderung der grammatikalischen Konsequenzen der "Reform" ist der Artikel hier.
Persönliche Schlußbemerkung: Ich schreibe das ß wie vor der Reform. In "daß" und "muß", aber niemals in einer Versalreihe. Wenn man vorher kein Problem damit hatte, MASSLOS oder DER GROSSE FLUSS zu verstehen, warum sollte es jetzt plötzlich ein Problem sein?
Und wenn Herr Maß kein Herr Mass sein will, dann schreibt ihn in Gottes Namen mit gemischter Schrift. Versalreihen sind etwas für schmückende Überschriften, aber sie sind überall da nicht nötig, wo dieser Konflikt auftauchen könnte.






Samstag, 11. November 2017

Eine Reise, die ein Leben veränderte


Ein für Facebook gesperrtes Video: Ein geborener Brite pakistanischer Herkunft erklärt, wie er überall in der muslimischen Welt auf anti-israelische Propaganda stieß, doch dann reiste er nach Israel, um sich selber ein Bild zu machen. Diese Erfahrung revolutionierte sein Weltbild.
Wenn Facebook dieses Video blockiert hat, dann haben sie nicht verstanden, worum es geht.

Freitag, 21. Juli 2017

Modediagnose??

Ein Kommentar zu einem Artikel der TAZ
Autismus ist also eine Mode-Diagnose, um Kindern Erleichterungen zu verschaffen. Würden Sie auch sagen, Migräne sei eine Modediagnose, um Leuten Schmerzmittel zu verschaffen? Autisten sieht man ihr Leiden nicht so an (Migränepatienten auch nicht immer). Ihr Leiden besteht zu einem großen Teil darin, dass die neurotypischen Menschen es nicht erkennen und sie mit allen anderen über einen Kamm scheren, ohne zu verstehen, was sie brauchen. Sie sehen nur die Wutanfälle, die vorkommen können, nicht aber, was zu ihnen geführt hat. Wenn man nämlich an ihnen herumzerrt wie die Hyänen an der toten Antilope, dann sind sie heillos überfordert und können nicht anders reagieren.
Die Autismus-Diagnose ist wegen der Verschiedenartigkeit der Bilder sehr schwierig und permanent in der Enwicklung. Was heute als Ausschlusskriterium gilt, könnte morgen in die Diagnose eingeschlossen werden. Das bedeutet: Nur weil ein Kind Augenkontakt erträgt, heißt das noch nicht, dass es kein Autist ist. Sondern als eine Betroffene, die mit 68 im Diagnoseprozess ist, sage ich: Autismus ist eine ganz andere Art der Wahrnehmung und der Kommunikation, der mimischen Signale, der sozialen Herangehensweise, dass große Anpassungsprobleme an die sozialen Gebräuche und Ausdrucksweisen der neurotypischen Menschen vorprogrammiert sind. Und nein, die gesellschaftlichen Umstände sind nicht der Grund -- und das hören Menschen mit einem sozialistischen Weltbild meistens nicht gern -- sondern es ist eine Veranlagung oder eine sehr frühkindliche Ausformung, die direkt einige Gehirnfunktionen verändert. Nichtsdestoweniger bleibt diese Grundlage, was immer "therapeutisch" angestellt wird. Dennoch sind Autisten die besten Lehrer ihrer selbst und zeigen später erstaunliche Anpassungsleistungen. Nicht das Genie ist die Regel, sondern der von der Gesellschaft ausgestoßene Mensch, dessen Problem nicht verstanden wird. Der Mangel an Empathie, und das beweist auch dieser Artikel, liegt also eher auf der neurotypischen Seite.

Update. Inzwischen habe ich eine mündliche -- positive -- Diagnose für Autismus vom Typ Asperger.

Samstag, 15. Juli 2017

Babylonische Begriffsverwirrung

Hab ich gestern gerudert, um das Programm, mit dem ich seit geraumer Zeit arbeite, für das Hochladen der Website in den Griff zu bekommen. Warum soll das so schwer sein?
Nun, die Hersteller von Software aller Art bemühen sich redlich, die selben Dinge mit verschiedenen Begriffen auszudrücken. Ich muss mich also mit Passwort, password, keyword, Schlüssel, Kennwort und weiteren Begriffen herumschlagen; für einen weiteren Parameter gibt es wieder welche: User, Logonname, Benutzername, Identität und was weiß ich noch. Dann habe ich vom Anbieter einen "Pfad" bekommen, aber dieser Begriff taucht im Menu "Webserver einrichten" überhaupt nicht auf.
Die Zuordnung von Begriffen zu Felder in den Formularen ist eine unendliche Quelle von Ratlosigkeit und Irrtümern. Man kann gar nicht so viel Support in Anspruch nehmen wie man müsste, damit alles glatt geht. Und es ist ja die unheilige Kombination von Programm und Anbieter, die mich in die Hölle des unendlichen Probierens schickt.

Könnte das die Folge von Abmahn-Wahn sei, mit dem Anbieter versuchen, Begriffe schützen zu lassen? Oder ist es einfach nur eine Profilierungssucht?

Seit 99 Jahren bemüht sich DIN um freiwillige Standards, die helfen, Produkte und Verfahren vereinbar mit den Standards verschiedener Anbieter zu machen. Es wäre zu wünschen, dass ein solcher Prozess sich auch auf Bezeichnungen in Formularen für technische Anleitungen beziehen wird. Ich denke, ich werde das Thema verfolgen.

http://www.din.de/de

Mittwoch, 5. Juli 2017

Wer sind die Feinde der Spiritualität?

Man würde niemandem erlauben, sich als Atomphysiker auszugeben, der dieses Fach nicht jahrelang studiert und mit einem Abschluss gekrönt hat. Auf dem Gebiet der Spiritualität kann jeder Hans und Franz sich zum Tantriker oder Yoga-Experten erklären.
Im Buddhismus werden solche Inhalte, die sich mit Erleuchtung befassen, nicht auf dem Marktplatz breitgetreten, sondern nur von autorisierten Lehrern und Lehrerinnen gelehrt. Sie haben durch jahrelange Meditation und durch gründliches Studium der Sichtweise und durch persönliche Ermächtigung die Erlaubnis zur Weitergabe der höheren Praktiken.
Im Hindu-Yoga kann sich jeder selbst zum Guru erklären, der spirituelle Erlebnisse hatte. Entsprechend glauben auch die westlichen Yoga- und Tantra-Freunde, sie hätten die Qualifikation, um Kurse und Seminare abzuhalten.

Wer sind die wahren Feinde des Dharma?
Nicht die sind es, die eine Lehre mit Feuer und Schwert bekämpfen, denn Hinduismus und Buddhismus haben die Mogul-Herrscher überlebt. Der Hinduismus ist die beherrschende Religion Indiens geblieben.
Was dem Dharma aber viel mehr schadet, ist die Leichtfertigkeit, mit der kleine Hopsereien, Massage-Workshops und Yoga-Wochenenden schon gleich als Anlass genommen werden, mit Sanskrit-Begriffen um sich zu werfen, die das Ergebnis jahrtausendealter spiritueller Erfahrung sind. So werden sie banalisiert, und beim Hörer entsteht der Glaube, man könne sich diese Dinge einfach so aneignen, könne sie sich verbal übermitteln lassen, käme dadurch der Erleuchtung näher. Das ist, als würde man glauben, ein Sportstudium rein als Studium von Büchern über Sport absolvieren zu können. Vielfach fehlt auch der Glaube, vielfach liegt der Beschäftigung zwar ein Interesse am Wellness-Aspekt zugrunde, aber dieses geht einher mit einem tiefen Misstrauen gegenüber Religion, mit einer krassen Ablehnung der Gestalt des Guru, mit der irrigen Ansicht, man könne sich das alles selber beibringen. Aber zu diesem Ziel kommt man nur durch beharrliche Beschäftigung und Praxis mit Körper, Rede und Geist. Und man muss sich auf diesem Weg auf einen Guru stützen. Und ja, ich benutze diesen Begriff bewusst, denn er beschreibt einen Menschen, der sich gläubig und vertrauensvoll über lange Zeit diesem spirituellen Weg gewidmet hat, bis Ergebnisse eintrafen. Und so jemanden braucht man auf dem spirituellen Pfad.


Pfui, ein Guru!
Die wenigsten haben jemals einen Menschen getroffen, der diesen Weg bis zum Erfolg gegangen ist. Sie können sich das Charisma und die Wirkung eines solchen Menschen nicht vorstellen. Wie auch? Und wer nicht den Glauben hat und das Vertrauen, der kann selbst den Buddha nicht als erleuchtet erkennen, wenn er persönlich vor ihm steht. So ging es dem Koch des Buddha, der sich viele Jahre bei ihm aufhielt und ihn dennoch für einen ganz gewöhnlichen Menschen hielt; so erging es Heinrich Harrer in Tibet, der dem Dalai Lama ganz nah war und dennoch vom Dharma nichts verstand — wenigstens damals — und ihn sogar ein wenig verachtet hat. Seine Hochachtung für den Dalai Lama war somit halber Kram; ich weiß nicht, ob Herr Harrer jemals die Erfahrung nachgeholt hat, den Wert des Dharma zu erkennen. Denn ohne den Dharma hätte der Dalai Lama wohl kaum die charismatische Persönlichkeit entwickelt, für die er verehrt wird.
Viele Aussprüche werden kolportiert und dem Dalai Lama untergeschoben. Nur ein kleiner Teil davon ist authentisch. Und das ist die Gefahr. Nicht so sehr seine Feinde sind das Problem, sondern eher die gut gemeinten Verfälschungen, die von denen kommen, die keine spirituelle Praxis ausüben, sodass sie den Unterschied erkennen könnten.

Samstag, 1. Juli 2017

Das Wechselbalg ist da: Das große SZ

Ein Forumsbeitrag

Nun ist das Unglück ja passiert, Deutschland versucht, sich mit einem großen SZ zu schmücken. Wie man aber an der Schriftgeschichte ablesen kann, ist die Herkunft des ß kein s-z, wie das in der Fraktur und in der Deutschen Schrift (z.B. Sütterlin) der Fall ist. Sondern dieses Zeichen in der Antiqua leitet sich aus einer Verschmelzung zweier "s" ab, eines langen und eines runden, siehe Arrighi, Italien, 16.Jh. Es besteht also gar keine Notwendigkeit, ein Sonderzeichen für eine Versalreihe zu benutzen, das dazu den Typografen vor eine unlösbare Aufgabe stellt, da es ja seine Herkunft aus der Doppel-S-Ligatur niemals wird verleugnen können. Auch wird die Bedeutung des ß als Anzeiger eines langen Vokals weit übertrieben, denn in der Vergangenheit stand es lange Zeit auch hinter kurzen Vokalen -- oder hat jemand "Miiißverständnis", "Kuuuß" oder "Fluuuß" gesagt? Hingegen las man bei GROSS oder GRÜSSE problemlos ein Wort mit langem Vokal.
Die sogenannte Rechtschreibreform hat so viel Unheil angerichtet, dass jetzt erst klar wird: Eine glatte, saubere Lösung wie die schweizerische S-Schreibung, die auch Barrieren im internationalen Informationsfluß abbaut, ist wirklich wünschenswert für Deutschland.