Warum kümmerst du dich um sowas?

Es fällt mir einfach schwer, zu manchem die Klappe zu halten. Von sprachlichen Schnitzern bis hin zu politischen Debatten. Also sammle ich, was mir so auffällt -- und eine Bemerkung verdient...
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Samstag, 22. Januar 2011

Deutsch im freien Fall -- neue Folge

kennt wer von äuch seiten wo man themes downloaden kann?

Autsch. Das sollte "euch" heißen.
Das hat die deutsche Sprache nun von ihrer aufwändigen Reform. Solche und ähnliche Gämsen habe ich schon mehrfach gefunden. Läuchten oder läugnen, wenn ich mich recht erinnere. Man sollte das sammeln und den Urhebern -- nicht den Schreibern! Den Reformern! -- um die Ohren klatschen.

Freitag, 31. Dezember 2010

ß

Das ß ist kein Buchstabe, sondern eine Ligatur, nämlich die Verbindung von langem S und rundem Schluß-S. Daher ist dieses Zeichen nur sinnvoll in einer gemischten Schreibung von Groß- und Kleinbuchstaben. Es hatte die Aufgabe, den Schluß eines ganzen Wortes oder eines Teilwortes zu signalisieren, wie z.B. Flußbiegung. Damit trug er vor allem noch in der Verwendung von Fraktur zu besserer Lesbarkeit bei.
In der italienischen Renaissance wurde es verwendet, weil es als schöner galt, wenn man "maßimo" oder "serenißima" schrieb. Das wurde damals wirklich getan! Mit dem Verschwinden des langen S wurde diese Ligatur überflüssig und ist mit unzähligen anderen nach und nach aus den Setzkästen geflogen.
Es ist die unerklärliche Erfindung der Rechtschreib-Komission, das ß zum Signalgeber für lange Vokale zu erklären. Das gab es schon, aber es war ein nicht in ganz Deutschland so angewendetes Einzelphänomen. Es gilt auch nicht für Versalreihen, denn da schrieb man immer schon: "SCHNEIDEREI FÜR GROSSE MASSE", auch wenn das mißverständlich ist. Bis zur Reform war es selbstverständlich, daß man einen Vokal vor einem Doppel-S durchaus auch lang sprechen kann und einen Vokal vor einem ß auch kurz: das Roß, der Stoss. Es war bekannt, daß es eine andere Funktion hatte, die mit Phonetik nichts zu tun hat.
Inzwischen ist diese falsche Weichenstellung bis zu dem Punkt gediehen, daß man "genißt" geschrieben sehen kann: Wenn das ß einen langen Vokal anzeigt, kann man ja ruhig das Dehnungs-e weglassen...
Die Schweiz hat das ß konsequenterweise getilgt und besitzt immer noch eine Schriftsprache, die Kultur ist nicht zusammengebrochen. Es ist zwar ein schönes Zeichen, das der Schriftgestalter Zapf in der Palatino so gezeichnet hat, daß man seine Herkunft immer noch sehen kann. Wegen des Schindluders, das in den letzten 13 Jahren mit dem ß getrieben wird, und wegen der Kluft, die es zwischen dem Deutschen und anderen Sprachen errichtet, plädiere ich jedoch dafür, es wie in der Schweiz stillzulegen.

Daß man die Umlaute in die Domain-Zeichenparade aufgenommen hat, erklärt sich auch aus der Tatsache, daß es einige andere Sprachen gibt, die ebenfalls Umlaute verwenden, ich nenne nur Finnisch, Estnisch und Türkisch. Gerade beim Türkischen ist die Transkription in ue, ae, oe keine Option, und es könnte auch andere Sprachen geben, in denen das zu Komplikationen führt, es handelt sich also nicht um eine Extrawurst für Deutschland, was aber die Pflege des ß schon wäre, denn außer 2 von 3 deutschsprachigen Ländern verwendet es kein Land mehr. Es ist auch international kein scharfes S, denn in fast allen Sprachen außerhalb des deutschen Sprachraums ist das S ein scharfes S; das weiche S wird durch Z ausgedrückt.

Umlaute, die zu großen Ligaturen verschmolzen wurden, wie AE im Dänischen, bilden keinen Fremdkörper im Zeichensatz, weil sie aus Großbuchstaben entstanden sind.

Donnerstag, 12. August 2010

Warum ich die "alte" Rechtschreibung benutze

Die sogenannte neue Rechtschreibung ist in Wirklichkeit ein Rückgriff auf vieles, was schon überwunden war. Wer Texte aus der Goethezeit oder aus dem 19. Jh. liest, der findet so manches, was die "neue" Rechtschreibung zurückgeholt hat, nachdem die Schreibweisen des 20. Jahrhunderts bereits eine größere Eleganz hereingebracht hatten. Man schrieb vor der Reform vermehrt klein statt groß und dachte sogar an eine durchgehende Kleinschreibung nach, die allerdings nicht durchgesetzt werden konnte. Dem gegenüber wirkt die "neue" Schreibung mit ihren vermehrten Großschreibungen wie "auf dem Laufenden bleiben" barock und unflexibel.
Warum wurde diese Unterscheidung zwischen dem laufenden und dem Laufenden, zwischen Tagesaktualität und dem Läufer, aufgegeben?
Die Regel lautet, daß bei abstrakten Begriffen und übertragener Bedeutung klein zu schreiben ist.
Die Väter und Mütter der neuen Rechtschreibung konnten damit nichts anfangen. Sie kennen die Idee der übertragenen Bedeutung nicht -- oder wollen sie nicht kennen.

Hinzu kamen weitere Dummheiten wie das Startsignal zur allumfassenden Getrenntschreibung. Das sollte allerdings nur bestimmte Begriffe betreffen, die in den Regeln aufgeführt sind.
Vergebliches Ansinnen! Die Menschen sehen ebenso wenig darin nach, wie sie in der Bibel lesen, bevor sie Sex haben. Wenigstens die meisten. "Die Meisten", müßte ich ja jetzt schreiben.
Die Menschen nehmen ein Signal auf -- "man schreibt jetzt alles getrennt" und überraschen uns mit dem unglaublichsten Hackfleisch. "Ich kann mir vor stellen, man sollte sich über legen..." Solche Beispiele finden wir seitdem auf Schritt und Tritt.
"Die Kanzlerin versprach, man werde daraufhin arbeiten, das Urteil zügig umzusetzen."
Darauf hinarbeiten war gemeint.
Ein Freudscher Verschreiber.

Die Reformer versprachen, die Sprache werde sich nicht ändern, nur die Schreibung. Pustekuchen! Getrenntschreibung verändert auch die Betonung, und man hört die falschen Getrenntschreibungen schon oft genug in gesprochenen Texten.

Meine Entscheidung:

Ich bleibe stur beim "daß" und "muß".
Warum?
Nun, wer mir das austreiben wollte, der müßte erst einmal beweisen, daß er weiß, wann man dass und wann man das schreiben soll. Diese Unterscheidung geht nicht nur bei Forenpostings verloren, wo man die dramatischsten Zeugnisse des sprachlichen Niedergangs finden kann. Sie schleicht sich in immer höhere Levels von sprachlichen Veröffentlichungen ein. Sogar in seriösen Zeitungen und in Websites von Nachrichtenkanälen schleicht sich Unsicherheit ein.

Ich bleibe beim ß und lasse mich von der neuen Behauptung nicht beeindrucken, das ß sei ein phonetisches Zeichen, das für eine Längung des vorausgehenden Vokals steht.

Wie ist das ß überhaupt entstanden? Es ist eine Ligatur aus einem langen s, das wir heute gar nicht mehr gedruckt sehen, und einem runden Schluß-S. Dieses hatte seine Entsprechung auch in den "gotischen" Schriften bis ins 20. Jh., in der deutschen Schrift und im davon abgeleiteten Sütterlin. Hier zog man das Schluß-S aus gotischen Handschriften herzu, das ein wenig wie ein kleines Z aussieht, und bildete das ß aus dem langen S und dem kleinen Z. Daher nennen wir diesen Buchstaben, der ja eine Ligatur aus zweien ist, als "eszett".
Die italienische Renaissance druckte das ß aus Gründen des schönen Schriftbildes. Ein Doppel-S fand man halt uncharmanter als eine Ligatur wie ß. Darum liest man in den Schriften der Renaissance Wörter wie "maßimo" und "serenißima". In dem Maße, wie das lange S aus dem Gebrauch kam, verschwand diese Ligatur aus den romanischen Sprachen und erhielt sich dort, wo man weiter zwischen langem und Schluß-S unterschied: Im Deutschen.
Das Schluß-S wurde immer da verwendet, wo ein Wort endete. Das war ein wirkungsvolles Gliederungsmittel. Schloßkapelle, Flußübergang, Stoßabdämpfung, ein ß erleichtert das Lesen, indem es eine Pseudopause in das Wort schiebt, wie man sie heute von Namen kennt, die in einem Wort, aber mittendrin groß geschrieben werden. iPhone oder iphone: Die Großschreibung in der Mitte klärt. Die gleiche Funktion hatte das ß.
Die Umbuchung auf eine andere Aufgabe, nämlich als Aussprache-Signal, ist historisch falsch und täuscht über die wahre Natur des ß als Doppel-S hinweg.

WIR FERTIGEN ALLE KOSTÜME NACH IHREN MASSEN
Korrekt ist es, in einer Reihe von Versalbuchstaben kein ß zu setzen, sondern es als Doppel-S aufzulösen. Ein älteres Layout-Programm tat das noch.
Wenn Mißverständnisse drohen, kann man ja zur gemischten Satzweise zurückkehren.
Versalreihen lesen sich ohnehin schwerer.

Eine Etablierung des ß als Großbuchstabe ist daher vollends Unfug.