Warum kümmerst du dich um sowas?

Es fällt mir einfach schwer, zu manchem die Klappe zu halten. Von sprachlichen Schnitzern bis hin zu politischen Debatten. Also sammle ich, was mir so auffällt -- und eine Bemerkung verdient...

Donnerstag, 9. Januar 2020

So doof bin ich auch

Wann immer ich diesen Gedanken vorgetragen habe,

Vom "weiblichen" Plural

... wurde ich mit leisem Räuspern darauf hingewiesen, dass es sich nur um ein grammatisches Gender handle. Danke. Ist mir bekannt.
Was mich aber vor allem amüsiert, ist die Tatsache, dass dieses Gendern politisch ja eher von links kommt, jedoch scheint die philosophische Grundlage linker Politik — nämlich der Marxismus, der ja die bis heute grundlegendste Analyse der Mechanismen von Ausbeutung geliefert hat — glatt vergessen zu sein.

Ich bin kein Marxist. Glaube ich. Und schon gar keine Marxistin. Ich hänge keineswegs dem Glauben an, dass ein Umsturz der Besitzverhältnisse von Produktionsmitteln alle Leiden der Welt beseitigt. Sprachgebrauch kann mühelos integriert und zur Gewohnheit gemacht werden, bleibt bloßes Dekor, ändert nichts, aber auch gar nichts an den gesellschaftlichen Verhältnissen. Und so ist es auch mit Bildern. Was hat der Marienkult zur Verwirklichung einer weiblichen Priesterschaft beigetragen?
Na, bitte.

Zurück also zum Unterschied zwischen dem grammatischen "die" und dem biologischen "die".
Dieser Unterschied ist ja nur eine Beschreibung des heutigen Gebrauchs, aber wie, bitte, ist er denn mal entstanden? Was hat dazu geführt? Der Kern ist nun einmal, dass die weibliche Anrede irgendwann — vor 1000 Jahren?? — als höflicher empfunden wurde. Da führt kein Weg dran vorbei.

Und noch mal zum Mitschreiben: Gendern taugt als Diagnose von gesellschaftlichen Verhältnissen, ja. Aber nicht als Kur für Unwuchtigkeiten. Die müssen sozial und politisch bearbeitet werden. Die Sprache allein schafft das nicht, selbst ein verändertes Bewusstsein führt noch nicht zwangsläufig zu Fakten. Komisch eigentlich, dass Menschen, die sich politisch links verorten, nicht einmal so viel von Marx‘ Gedanken verstanden haben, der sagte, „Sein schafft Bewusstsein“. Nach dem Philosophischen Materialismus können nur Veränderungen der realen Grundlagen das Denken verändern. Nach Marx (nicht mein Taktgeber, aber ich kenne ihn) ist Bewusstsein die Folge der gesellschaftlichen (Besitz-)Verhältnisse.

Die Geschichte des „Sie“ würde also nach dieser Ansicht auf eine ursprünglich matriarchale Gesellschaft hindeuten, wie lange sie auch zurückliegen mag. Und nur das interessiert mich.

Folgen wir also der marx’schen Doktrin, so würden wir von Stund an aufhören, uns über sprachliches Gender den Kopf zu zerbrechen.

Sonntag, 4. August 2019

Es ist nicht zu fassen.

Wider das Vergessen -- so labelt seit langen Jahren die antifaschistische Gedenk-Kultur ihre Bemühungen, an die Opfer des Faschismus zu erinnern. Und da wird dieser Spruch kolportiert --- von wem? Ausgerechnet von denen, die dem gemütlichen Biertisch-Faschismus Tag für Tag Futter geben, jawohl, von den Hellblauen.
Irgendwelche Namen sollen da nicht vergessen werden.
Wen habt denn IHR schon zu betrauern?

Oh, ich hätte da Namen, die nicht vergessen werden dürfen.
https://www.derwesten.de/politik/das-sind-die-zehn-mordopfer-der-nsu-zelle-id7917310.html
Und dann auch noch die hier.
http://www.stolpersteine.eu/


Freitag, 19. Oktober 2018

Autoren rezensieren Autoren

Oh, dafür habe ich schon schön auf die Glocke bekommen. Dabei ist ein anderer Kollege ebenfalls der Meinung, dass man gerade mit kritischen Kommentaren den Kollegen hilft. Verreißt man sie so zum Spaß? Kaum. Undifferenzierte Verrisse erlebe ich eher von Schreibern, die reine Leser sind. Denn wenn sie Genre und Qualität verwechseln, wenn da Sätze kommen wie "Da mich dieses Thema überhaupt nicht interessiert, kann ich leider nur zwei Sterne geben", weiß man genau, dass diese Rezensenten (sind sie überhaupt eine lateinische Endung wert?) selber das Handwerk nicht betreiben. Und sie denken auch nicht darüber nach, dass sie den Schnitt dieser Bewertung gnadenlos in die Tiefe reißen, wenn sie ihre zwei Sterne gegen die zwei Fünf-Stern-Rezensionen setzen. Denn was vorher 5 war, ist schon gleich 12:3=4. Solche Bewertungen können über Kauf oder Nicht-Kauf entscheiden.
Seien wir doch froh, wenn Autoren zur Feder greifen! Sie wissen um die Schwierigkeiten, um die Mühe, die es kostet, ein Buch fertigzustellen. Sie erkennen die Ursachen eines Scheiterns und sind vielleicht so kollegial, der Kollegin einen Hinweis zu geben. Autoren können andere Autoren coachen, gegen Honorar oder auch ohne, ich kenne da wunderbare Beispiele. Sie können zeigen, dass es gerade nicht der Neid ist, der ihre Feder bewegt.