Wann immer ich diesen Gedanken vorgetragen habe,
Vom "weiblichen" Plural
... wurde ich mit leisem Räuspern darauf hingewiesen, dass es sich nur um ein grammatisches Gender handle. Danke. Ist mir bekannt.
Was mich aber vor allem amüsiert, ist die Tatsache, dass dieses Gendern politisch ja eher von links kommt, jedoch scheint die philosophische Grundlage linker Politik — nämlich der Marxismus, der ja die bis heute grundlegendste Analyse der Mechanismen von Ausbeutung geliefert hat — glatt vergessen zu sein.
Ich bin kein Marxist. Glaube ich. Und schon gar keine Marxistin. Ich hänge keineswegs dem Glauben an, dass ein Umsturz der Besitzverhältnisse von Produktionsmitteln alle Leiden der Welt beseitigt. Sprachgebrauch kann mühelos integriert und zur Gewohnheit gemacht werden, bleibt bloßes Dekor, ändert nichts, aber auch gar nichts an den gesellschaftlichen Verhältnissen. Und so ist es auch mit Bildern. Was hat der Marienkult zur Verwirklichung einer weiblichen Priesterschaft beigetragen?
Na, bitte.
Zurück also zum Unterschied zwischen dem grammatischen "die" und dem biologischen "die".
Dieser Unterschied ist ja nur eine Beschreibung des heutigen Gebrauchs, aber wie, bitte, ist er denn mal entstanden? Was hat dazu geführt? Der Kern ist nun einmal, dass die weibliche Anrede irgendwann — vor 1000 Jahren?? — als höflicher empfunden wurde. Da führt kein Weg dran vorbei.
Und noch mal zum Mitschreiben: Gendern taugt als Diagnose von gesellschaftlichen Verhältnissen, ja. Aber nicht als Kur für Unwuchtigkeiten. Die müssen sozial und politisch bearbeitet werden. Die Sprache allein schafft das nicht, selbst ein verändertes Bewusstsein führt noch nicht zwangsläufig zu Fakten. Komisch eigentlich, dass Menschen, die sich politisch links verorten, nicht einmal so viel von Marx‘ Gedanken verstanden haben, der sagte, „Sein schafft Bewusstsein“. Nach dem Philosophischen Materialismus können nur Veränderungen der realen Grundlagen das Denken verändern. Nach Marx (nicht mein Taktgeber, aber ich kenne ihn) ist Bewusstsein die Folge der gesellschaftlichen (Besitz-)Verhältnisse.
Die Geschichte des „Sie“ würde also nach dieser Ansicht auf eine ursprünglich matriarchale Gesellschaft hindeuten, wie lange sie auch zurückliegen mag. Und nur das interessiert mich.
Folgen wir also der marx’schen Doktrin, so würden wir von Stund an aufhören, uns über sprachliches Gender den Kopf zu zerbrechen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen