Ich kann einfach nicht dran vorbeisehen.
In einem Forum über Rechtschreibung fand ich folgenden Satz von dem Kommentator Alexander Trust:
“Die Regelwerke haben sich immer der Sprache angepasst und nur selten ist der umgekehrte Weg begangen worden.”
Mit dem umgekehrten Weg haben wir es allerdings seit der unseligen
Reform zu tun. Eine Gruppe von Ministern hat beschlossen, dass
Schreibungen neuen Regeln folgen, sie hatten versprochen, es werde sich
wirklich nur etwas für die Schreibung ändern, nicht aber für die
Sprache.
Das genaue Gegenteil ist der Fall. Die neuen Regeln haben so viel
Verwirrung gestiftet, dass ein kompletter Block unserer Sprache
abzubrechen droht, der als sprachliches Gestaltungsmittel große
Bedeutung hat: Die Getrennt-/Zusammenschreibung. Dies ist ein
Bedeutungsträger, der durch nichts anderes ersetzt werden kann. Es ist
ein großer Verlust für die Sprache.
Beispiel: “Ich dachte, sie würde nicht einfach an mir vorüberlaufen.”
Der Duden schreibt zusammen, das Volk trennt alles mögliche, was in ähnlicher Weise zusammengesetzt wird.
“Ich dachte, sie würde nicht einfach an mir vorüber laufen.”
Niemand überprüft seine Schreibung durch lautes Vorlesen des
Geschriebenen, denn dann würde klar werden, dass “laufen” einen zu
starken Ton bekommt. Aber da ist irgendwann das Signal ergangen, dass
viele früher in einem Wort geschriebenen Begriffe jetzt
auseinandergerissen werden dürfen, ist ja auch bequemer, darum erlebt
man jetzt die gruseligsten Frakturen.
In spätestens einer Generation wird die Betonung vergessen sein. Damit
verschwindet ein ganzer Katalog von Verben aus der Sprache, die das
Deutsche früher so plastisch und bildhaft gemacht haben.
"Wir sollten uns noch mal zusammensetzen."
"Wir sollten uns noch mal zusammen setzen." Wird da eine Übung im synchronen Hinsetzen geplant? :-))
Wenn ich den oben zitierten Satz von Trust weiterführe, ist es auch nicht
wünschenswert, durch Regeländerungen in die Sprache einzugreifen. Der
Schaden, der durch die Reform angerichtet wurde — und zwar mittelbar,
durch Imitation und Vermutungen, nicht durch strikte Anwendung –, ist
enorm. Man kann sagen, das sei ja nicht die Schuld der neuen Regeln.
Aber wer schlägt schon alles nach, was er schreibt, vor allem im flotten
Tempo der Internet-Kommunikation? Da versuchen die meisten eher, von
den Eckwerten abzuleiten.
Hier wurden Signalfahnen mit verhängnisvoller
Wirkung gesetzt, auch wenn das nicht Absicht war.
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