Warum kümmerst du dich um sowas?

Es fällt mir einfach schwer, zu manchem die Klappe zu halten. Von sprachlichen Schnitzern bis hin zu politischen Debatten. Also sammle ich, was mir so auffällt -- und eine Bemerkung verdient...

Montag, 8. Februar 2016

Traumatisiert

Kürzlich unterhielt ich mich mit einem der für das Wohl der Stadt Verantwortlichen. Und er sprach mit leiser Empörung davon, was für Argumente die Demonstranten vorbrachten, die sich gegen den Bau von Flüchtlingsunterkünften wehren. Er war just unterwegs gewesen, um mit aufgebrachten Bürgern (Hamburgern, keinen Wendeverlierern) zu reden, die verhindern wollten, dass auf einer grünen Wiese eine Flüchtlingsunterkunft gebaut wird.
Ja. Auf einer grünen Wiese, die schützenswert ist gegenüber dem Unterfangen, Menschen, die aus einer lebensgefährlichen Umgebung kommen, zu uns zu lassen und unterzubringen. Da entblödete sich doch ein Bürger nicht, sein psychologisches Expertentum hervorzukehren und zu behaupten, die Begegnung mit Flüchtlingen sei für ... (Kinder? Jugendliche?) traumatisierend. Aber ich hoffe doch! Teilt mal das Trauma, das wird euch guttun!

Wissen Sie, was traumatisierend ist? Bei Hitze kein Wasser zu bekommen. Bei Kälte keine Unterkunft.
Im Keller zu sitzen, während Bomben fallen. 
Nicht im Keller zu sitzen, während Bomben fallen.
Nicht zu wissen, wo die Liebsten sind, Eltern, Kinder, Ehepartner. Und ob sie leben.
Sein bloßes Leben gerettet zu haben.

Eure Großeltern wissen das vielleicht noch. Der Anteil von Flüchtlingen an der Gesamtbevölkerung war bis zu 24%! Das heißt: In den östlichen Bundesländern wurde fast jeder Vierte als Flüchtling oder Vertriebener integriert, während die Städte in Trümmern lagen und Hunger und Brennstoffmangel das Leben schwer machten.
Und da glauben Leute, man könnte nicht einige Hunderttausend in diesem reichen Land unterbringen?
Die das denken, sollten sich wirklich schämen.


Montag, 1. Juni 2015

Was ist Behinderung?

"Behinderung" ist alles, was dem Betroffenen Nachteile einbringt. In dem Wort ist nicht enthalten, auf welchem Gebiet. Und schon gar nicht, dass es körperlich sein muss. Und was den meisten Leuten auch nicht klar ist: Die Ursache der Behinderung liegt sehr oft gar nicht am Betroffenen, sondern an der Unwissenheit und Rücksichtslosigkeit der Mitmenschen. Das sagt ja auch der Sprachgebrauch: "hindern" und "behindern" beschreibt eine Erfolglosigkeit ohne eigenes Zutun, Versagen oder gar eigene Schuld.
Das Wort "hemmen" – meine Vermutung – hat mit "Hemm" zu tun, was in Norddeutschland eine Vegetation beschreibt, die das Fortkommen unmöglich macht: "Hemmoor", "Hamm", "Hammerbrook", alles Orte, die niedrig liegen und daher in der Frühgeschichte mit Auwald und Buschwerk bewachsen waren. Im Frühling waren sie zudem überschwemmt und konnten darum praktisch vom Menschen nicht betreten werden. Nur mühsam angelegte Bohlenwege ermöglichten den Zugang, der "Holzweg", der niemals eine durchgehende Straße war, im Gegensatz zum gepflasterten Reiseweg. Unsere Vorfahren konnten sich an solchen Orten nur Siedlungsplätze schaffen, wenn sie in harter Knochenarbeit Plätze rodeten und Wege zwischen Wohnplatz und Wasser, dem damals besten Reiseweg, freihielten.
Woher kommt das Wort "hindern"? Das lateinische "impediere" heißt wörtlich "der Füße berauben", "entfußen". Der mit Tieren vertraute Mensch der Frühzeit wußte, dass man ein Tier am wirkungsvollsten stoppt, wenn man seine Hinterbeine blockiert. Der Schäfer fängt ein Schaf ein, indem er mit seinem Krummstab das Hinterbein vom Boden hebt.
"Wir sind nicht behindert, wir werden behindert", lautet die Korrektur durch Campagnen, die das Verständnis für die Lage behinderter Menschen vertreten. Gerade bei nicht sichtbaren Behinderungen ist das möglicherweise schon die ganze Wahrheit. 

Der Autist, der sich nicht verbal ausdrückt, noch viel mehr der, der sich zwar ausdrücken kann, aber nicht so, dass man ihn versteht, und der somit als Spinner abgetan wird, als jemand, den man nicht in seinen Kreisen haben möchte, auf den niemand Rücksicht nimmt, weil er scheinbar könnte, wenn er nur wollte – sie werden von der Gemeinschaft einfach nur nicht mitgenommen.
Und das ist ihr Leiden.

Dienstag, 10. März 2015

Autismus und Essen

Liebst Du Dich selber genug? Wir haben doch ein Recht, uns selber zu verwöhnen. Das Essen soll schön aussehen, mit ein bisschen Liebe zu uns selber zusammengestellt sein und alles enthalten, was wir brauchen. Optimal wäre es, wenn ein großer Teil eines Getreides da ist, also Vollkorn-Nudeln, Reis oder Brot; dann ein wenig Eiweiß; viele Autisten sind Veganer oder Vegetarier, also spreche ich vielleicht eher von Champignons oder Haselnüssen. Kichererbsen liefern ganz viel pflanzliches Eiweiß und sehr wenig Fett. Es gibt aber auch keinen Grund, sich vor Fett zu fürchten, etwas gutes Öl (Oliven- oder Sesamöl) darf auch dabei sein. Gemüse sollte gegart sein, nicht roh. Es erleichtert das Aufspalten, und Wenig- oder Seltenesser haben ein Energieproblem und sollten daher Heißes trinken und essen. Vor dem ständigen Gebrauch von Kartoffeln muss gewarnt werden. Sie dehydrieren und belasten daher auch die Nieren. Das können Menschen, die das Essen sowieso vergessen, auch nicht brauchen.
Wenn Du ein Problem mit dem regelmäßigen Essen hast, muss das Essen besonders liebevoll gemacht und verlockend dargeboten sein. Wenn Du ein Problem mit fehlendem Sättigungsgefühl hast, muss die Portion von Anfang an klar definiert sein und auf einem Teller angeordnet sein. Da darf dann weder aus dem großen Salat-Topf gegessen werden noch vor dem Kühlschrank hier und da einzelne Bissen genommen werden. Ästhetische Zusammenstellung, Garnierung mit Feldsalat oder Rucola, ein kleiner Klecks Meerrettichsahne hier, einer mit Kaviarcreme dort: Das ist kein Luxus, sondern eine Hilfe.
Alle Organe brauchen Nahrung. Eine verstopfte Gallenblase macht aggressiv, eine schwache Leber erzeugt ein Gefühl von Sinnlosigkeit und Trauer. Eine durch Hunger geschwächte Lunge erzeugt depressive Stimmungen, das durch Hunger geschwächte Herz erzeugt finstere Visionen. Durch zuviel oder zu wenig Trinken geschwäche Nieren erzeugen Angst.
Um mit den Herausforderungen unseres besonderen Lebens klarzukommen, brauchen wir eine optimale Unterstützung, und was immer auch eine innere Stimme uns ins Ohr sagt, wir verdienen das.